Ergebnisse
Internetnutzer werden zu Tabakwarenpromotern
Auf Facebook fanden sich aufgrund der Schlüsselwortsuche nach dem Markennamen von Tabakwaren oder Zigarettenpapieren 31 mit diesen Marken verbundene Sites, darunter 5 aus der Schweiz. Bei Twitter förderte die Suche 3 Accounts zutage, die Schweizer Tabakwarenmarken gehören: Davidoff cigares, Fred und Smoke Free Police 1. Auf diesen Seiten hatten alle Tweets (auf Twitter publizierte Kurznachrichten) einen Bezug zu Werbekampagnen. Letztlich gibt es auf Facebook und Twitter nur wenige offizielle und von der Tabakindustrie als Institution ausgehende Nachrichten. Die identifizierten Veröffentlichungen entsprechen vielmehr einer informellen Kommunikation vonseiten der Internetnutzerinnen und -nutzer.
Facebook-Seite von Pueblo Switzerland 2
Auf der Videoplattform YouTube wurden für die Analyse 78 Videos berücksichtigt3. Der grösste Teil der Videos dieser Stichprobe (91 Prozent) vermittelte ein positives Bild von Tabak und konnte als eine Form von Verkaufsförderung verstanden werden. Und zwar nicht bloss für den Tabakkonsum allgemein, sondern auch für die Marken. Erfasst wurden viele ehemalige Werbebotschaften (n=47); die Zigarettenfabrikanten können also ihre Werbung in der Schweiz trotz dem auf eidgenössischer Ebene bestehenden Verbot für TV-Werbung verbreiten.
Bildschirmfoto eines Videos mit dem Smoking Review eines Kindes 4
Es ist interessant festzustellen, dass die Konsumentinnen und Konsumenten sich nicht mehr auf eine passive Rolle beschränken, sondern immer mehr zur Verkaufsförderung der Produkte beitragen. In den sozialen Netzwerken wirken die Internetnutzerinnen und -nutzer quasi als Sprachrohre der Zigarettenmarken: Sie posten Nachrichten im Zusammenhang mit Werbekampagnen, eröffnen Facebook-Seiten mit dem Logo der Marke oder laden Videos auf YouTube hoch, die für das Rauchen im Allgemeinen oder für eine spezielle Zigarettenmarke werben. Besonders interessant ist das Phänomen der sogenannten Smoking Reviews. In diesen Videos (n=21) «degustieren» die oft sehr jungen Konsumentinnen und Konsumenten die Produkte und inszenieren sich als Raucherinnen und Raucher, was die Coolness der Zigarette als solche unterstreicht.
Virale Verbreitung
In den sozialen Netzwerken verbreiten sich Informationen wie ein Virus. Mit einigen wenigen Mausklicks teilt ein einzelner Internetnutzer Informationen mit seinem ganzen Netzwerk, das den hochgeladenen Inhalt wiederum weiterverbreiten kann. Diese organisierte «Mundpropaganda» hat ausschliesslich ein Ziel: eine möglichst grosse Zahl Jugendlicher zu erreichen, um sie in die Kommunikationsbestrebungen der Marke zu integrieren. Die von der schrägen und angesagten Vorgehensweise der Zigarettenmarken begeisterte junge Generation zögert nicht, tabakfreundliche Inhalte zu verbreiten. Die Zigarettenhersteller profitieren so bei bescheidenem Aufwand von diesem schlagkräftigen Kommunikationsmittel. Beispielsweise liessen sich für die Kampagne «Don’t be a Maybe» der Marke Marlboro innerhalb von fünfeinhalb Monaten 118 Tweets ausmachen. Eine inhaltliche Analyse konnte aufzeigen, dass nur 9 Prozent dieser Tweets kritisch eingestellt waren, die übrigen trugen zur Unterstützung der Kampagne bei.